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Kirchentag (oben) und MEHR-Konferenz (unten)

 

 


    Ö f f e n t l i c h e   A u f t r i t t e   2 0 2 4 :                                           

                        

                  Januar:     Augsburg, MEHR-Konferenz

                  März:        Leipzig, Buchmesse

                  Oktober:  Frankfurt am Main, Buchmesse

 

 

 

Die Pfadfinder-Stiftung  beim Kirchentag 


Stand der Pfadfinder-Stiftung beim Kirchentag

 

Vortrag beim Kirchentag zum Thema

"Pfadfinder - eine weltweite Friedensbewegung"

(siehe Unterseite "Pfadfinder - eine weltweite Friedensbewegung")

 



Stand der Pfadfinder-Stiftung beim Kirchentag in Hamburg (oben), Harry und Linda am Stand (unten)

 

 

 

MünchnerStiftungsFrühling

 

 

Stand der Pfadfinder-Stiftung beim MünchnerStiftungsFrühling im HVB-Forum

 

Harry lädt zu seinem Vortrag "Pfadfinder - Abenteuer und Lebensglück" beim MünchnerStiftungsFrühling ein.

 

 

Interview mit Harry T. Master (Stiftungs-TV)

 

 

Eucharistischer Kongress in Köln

Kardinal Meisner & Die Höhner, Bischof Konrad Zdarsa

 

 

Kongress "Freude am Glauben"

Bühne im Saal der Kongresshalle, Vortrag von Birgit Kelle

 

Stand der Pfadfinder-Stiftung beim Kongress

  


Die Pfadfinder-Stiftung  beim 

Katholikentag in Mannheim

 

 Harry überreicht dem körperbehinderten Freiburger Autor Jürgen Heider ("Feuerherz") die neue FiFa-CD-ROM.

 

 


 

Kirchentage

 

 Die Pfadfinder-Stiftung ist jedes Jahr auf den Buchmessen,Kirchentagen und Katholikentagen mit einem Stand vertreten.

 

Mitarbeiterin Mechthild am Kirchentagsstand 2011 in Dresden

 

 

Lesungen

 

Harry auf der Frankfurter Buchmesse

 

     

 Linda auf der Leipziger Buchmesse

 

Harry beim Kirchentag in Dresden

 

 

PFADFINDER-PÄDAGOGIK

 

Vortrag von Harry beim Kirchentag in Bremen 

 

Anfang der 1970er-Jahre machten wir Jungpfadfinder vor unserer Kirche eine Umfrage mit einem tragbaren Tonbandgerät. Wir fragten die Erwachsenen, die aus der Kirche kamen: „Was wissen Sie über die Pfadfinder?“ Die beiden häufigsten Antworten waren: „Pfadfinder sind kleine Jungs, die am Wochenende in den Wald gehen, Lagerfeuer machen und Würstel braten.“ und „Pfadfinder, das ist so etwas Ähnliches wie früher die Hitler-Jugend.“

Beide Antworten sind falsch. Die zweite Antwort ist total falsch, denn erstens sind die Pfadfinder viel älter als die HJ und die NSDAP; die Pfadfinder wurden 1907 in England von Robert Baden-Powell gegründet, der erste Deutsche Pfadfinderbund 1911 (noch vor dem 1. Weltkrieg) von Dr. Alexander Lion; die HJ entstand erst 1926 und erreichte erst nach Hitlers „Machtergreifung“ im Jahr 1933 eine nennenswerte Mitgliederzahl. Die Pfadfinder gab es – auch in Deutschland – also lange vor der HJ. 1937/38 wurden die Pfadfinder (und andere christliche Jugend-Organisationen) von Adolf Hitler verboten, sodass die HJ faktisch die einzige zugelassene Jugend-Organisation in Deutschland war. Zweitens haben nicht die Pfadfinder Dinge von der HJ übernommen, sondern die Hitler-Jugend hat die Organisationsstruktur, die Methodik und viele Äußerlichkeiten (Klufthemd, Halstuch, Knoten, Abzeichen etc.) von den Pfadfindern geklaut und für Hitlers Ziele missbraucht. Während Lord Baden-Powell die Pfadfinder nach dem 1. Weltkrieg als internationale Friedensbewegung konzipierte, dienten Hitler die Lager, Wanderungen und Geländespiele der HJ als vormilitärische Ausbildung und somit als Vorbereitung der Jugend auf den Krieg. Ähnlich war es auch in der DDR mit den Jungen Pionieren: Auch sie hatten äußerlich eine gewisse Ähnlichkeit mit den Pfadfindern, vertraten aber eine völlig andere Ideologie, nämlich eine atheistisch-sozialistische.

Aber auch die erste von den Erwachsenen gegebene Antwort ist nicht richtig: Pfadfinder sind nicht nur kleine Jungs, es gibt auch viele erwachsene Pfadfinder (auch noch in meinem Alter), es sind nicht nur Jungs, sondern auch Mädchen und Frauen (auch wenn die früher von den männlichen Pfadfindern strikt getrennt waren), und In-den-Wald-gehen, Lagerfeuer und Würstelbraten gehören zwar dazu, sind aber keineswegs das Wichtigste bei den Pfadfindern. Es sind nur Mittel zum Zweck der Vermittlung der pfadfinderischen Grundwerte, die Lord Robert Baden-Powell in seinen Schriften festgelegt hat.

[An dieser Stelle las ich ein Stück aus dem 1. Kapitel von Baden-Powells Buch Rovering to Success vor, in dem der Pfadfinder-Gründer erklärt, was Erfolg und wahres Lebensglück bedeuten und dass man das wahre Glück nur findet, wenn man andere glücklich macht. Auch erklärte ich die fünf Klippen, an denen man gemäß Baden-Powell auf seinem Lebensweg scheitern kann: Spiel- und Vergnügungssucht, Alkohol und andere Drogen, sexuelle Begierde, Faulenzer- und Schmarotzertum und Gottlosigkeit. Danach ging ich auf Baden-Powells Pfadfindergesetze ein.]

Die von Robert Baden-Powell 1907 formulierten und 1930 in Rovering to Success noch einmal ausführlich erklärten Pfadfindergesetze sind heute noch genauso aktuell wie damals. Vielleicht muss man sie heute etwas anders formulieren, so wie ich das in den Holyfort-Romanen getan habe. Nehmen wir als Beispiel das 8. Pfadfindergesetz. Es heißt im Original (1907): A Scout smiles and whistles under all difficulties. 1930 schrieb Baden-Powell dann in Rovering to Success: „Manche Leute machen sich über das Pfadfindergesetz lustig, das besagt, dass ein Junge, der in Schwierigkeiten, Gefahr oder Not ist, sich zwingen soll zu lächeln und zu pfeifen.“ Als ich Jungpfadfinder war, lautete das 8. Gesetz: Der Pfadfinder ist stets guter Laune, auch in Schwierigkeiten. In Holyfort habe ich es so formuliert: Der Holy ist geduldig und ausdauernd in Schwierigkeiten und lässt nie den Mut sinken. Man könnte auch ganz einfach sagen: Der Pfadfinder denkt immer positiv.

Ich möchte dies an einem Beispiel aus dem Pfadfinder-Roman Kathy und der Zauberer erklären: Die Eltern von Prinzessin Katharina wurden von dem bösen Zauberer Maludir entführt und Katharina versucht, sie zu befreien. Dabei muss sie unter anderem einen Fluss mit dem Floß überqueren, sie muss durch die Schlucht der Schrecken, wo sie von gefährlichen Monstern angefallen wird, und durch die Arenosa-Wüste, wo sie fast verdurstet; schließlich steigt sie auf den Heiligen Berg, wo sie den weisen Hagios trifft. Als sie mit ihm über Maludir spricht, sagt Hagios: „Du hasst Maludir, nicht wahr?“ und Katharina antwortet: „Ja, ich glaube, dass ich ihn hasse. Er ist schuld, dass meine Eltern leiden.“ Daraufhin erklärt Hagios der Prinzessin dass Wut, Hass und Aggression nicht ans Ziel führen und dass das Böse nicht mit Bösem bezwungen werden kann, sondern nur mit Liebe. Im Laufe des Romans muss Kathy viel Leid erdulden, bis es ihr und Hagios endlich gelingt, Maludir zu besiegen und Kathys Eltern zu befreien. Während Kathy mit ihren Eltern ins Königsschloss zurückkehrt, nimmt Hagios Maludir mit auf den Heiligen Berg, um einen guten Menschen aus ihm zu machen. Ganz am Schluss des Romans, im Epilog, besucht Kathy Hagios auf dem Heiligen Berg. Der Weise ist gerade dabei, einige lehrreiche Geschichten aufzuschreiben, die sein Großvater einst erzählt hat. Und er sagt zu Kathy: „Die Geschichte, die ich gerade aufgeschrieben habe, möchte ich dir vorlesen: In einer Oase stand eine junge Palme im besten Wachstum. Eines Tages kam ...“ In diesem Moment betritt Maludir die Hütte, sagt, dass er mit seiner Arbeit fertig sei, und fragt Hagios, was er nun tun solle. Hagios antwortet, Maludir solle sich setzen und ebenfalls die Geschichte anhören: „Ein böser Mann kam in die Oase, sah den jungen Baum, nahm einen schweren Stein und legte ihn dem Baum in die Krone, um ihn kaputt zu machen. Nach dieser vermeintlichen Heldentat ging er weiter. Die junge Palme versuchte verzweifelt, die Last abzuwerfen. Doch vergebens: Zu fest saß der Stein in der Krone. Da krallte sich der Baum tief in den Boden und stemmte sich gegen die steinerne Last. Er senkte seine Wurzeln so tief, dass sie die verborgene Wasserader der Oase erreichten, und er stemmte den Stein so hoch, dass die Krone über jeden Schatten hinausreichte. Wasser aus der Tiefe und Sonnenlicht aus der Höhe machten eine königliche Palme aus dem jungen Baum. Nach vielen Jahren kam der finstere Mann wieder zu der Oase, um sich an dem Krüppelbaum zu erfreuen, den er verdorben zu haben glaubte. Da senkte die stolzeste Palme ihre Krone, zeigte den darin liegenden Stein und sagte: ‚Ich muss dir danken; deine Last hat mich stark gemacht.’“
Kathy sieht Hagios stumm an, nickt mit dem Kopf, dann blickt sie zu Maludir und sagt: „Ich vergebe dir. Ja, ich muss dir sogar danken, denn deine Last hat mich stark gemacht.“
Diese Geschichte ist wohl die beste Erklärung des 8. Pfadfindergesetzes.

Auch dem 10. Pfadfindergesetz Der Pfadfinder ist rein in Gedanken, Worten und Taten möchte ich noch ein paar Sätze widmen. Es geht darum, dass man lernt, seine niedrigen Triebe zu beherrschen und sich zu nichts Bösem verführen zu lassen. Baden-Powell schrieb in Rovering to Success: „Du sollst reinen Willens sein, sexuelle Triebe beherrschen und Ausschweifungen meiden können; auch sollst du anderen ein Beispiel reinen und anständigen Denkens, Sprechens und Handelns geben. ... Mit ein wenig Mühe kannst du die Gewohnheit ausbilden, eine Gehirnzelle, die schlechte Gedanken enthält, auszuschalten und eine frische Zelle mit guten Idealen darin zu öffnen.“

Natürlich kann man Gehirnzellen nicht so einfach ausknipsen wie eine Lampe, aber mir gefällt das Bild trotzdem ganz gut. Denn man kann sich immunisieren gegen schmutzige Reize und Gedanken, gegen Versuchungen aller Art. Man blendet sie einfach aus seiner Wahrnehmung und seinem Bewusstsein aus. Wenn man das geschafft hat, ist man gegen das Böse immun. Denn wer sich selbst beherrscht, kann nicht von anderen beherrscht werden.

[Nachdem ich nicht ganz so ausführlich die anderen Pfadfindergesetze (Ehre, Treue, Hilfsbereitschaft, Freundschaft, Höflichkeit, Schutz der Natur, Gehorsam, sowie sparsame, einfache Lebensweise und Verzicht auf Luxus) erklärt hatte, kam ich auf die pfadfinderische Erziehungs-Methodik zu sprechen.]

Ein wichtiges methodisches Element der Pfadfinder-Pädagogik ist das Sippensystem. Die moderne Sozialpsychologie kennt den Begriff der Face-to-Face-Group, also einer Gruppe, in der jeder mit jedem von Angesicht zu Angesicht kommunizieren kann. Psychologen haben herausgefunden, dass die Obergrenze einer solchen Face-to-Face-Group bei 7 Personen liegt. Das wusste Robert Baden-Powell schon viele Jahrzehnte vorher. Drum legte er fest, dass jeder Pfadfinder Mitglied einer Sippe (im Englischen: Patrouille), einer Kleingruppe von durchschnittlich 6 (5 bis 7 Personen) zu sein hat – und das aus gutem Grund. Denn auf diese Weise hat jeder seine Bezugsgruppe und seine festen Freunde. Dadurch gibt es keine Außenseiter und keine Einzelgänger. Die Sippe bildet im Lager eine Zelt-Gemeinschaft und eine Spiel-Mannschaft, die mit den anderen Sippen im Wettbewerb steht. Jede Sippe hat einen gleichalten Kornett (Sippenführer), der für die Sippe verantwortlich ist. Wenn ein Gruppenleiter gut ausgebildete, zuverlässige und verantwortungsbewusste Kornetts in seinem Trupp hat, ist es kein Problem, ein Lager mit 20 bis 30 Teilnehmern zu leiten. Der Leiter muss nur seine Kornetts im Griff haben – und hat dadurch das ganze Lager bzw. den ganzen Trupp unter Kontrolle.

Ich habe meine Kornetts immer sehr intensiv ausgebildet. Wichtig war mir dabei, dass sie sowohl über fachliche als auch über soziale Kompetenz verfügen. Zur fachlichen Kompetenz gehört alles, was man als Pfadfinder können muss: Umgang mit Landkarte und Kompass, Kenntnis der Wegzeichen, Entschlüsseln von Geheimschriften, Lösen von Denkaufgaben, Kenntnis der Natur, Umgang mit Werkzeug, Seilknoten, Zelt-Aufbauen usw. Zur sozialen Kompetenz gehört in erster Linie die Führung der Sippe und der angemessene Umgang mit den Sippenmitgliedern.

Robert Baden-Powell empfahl den Kornetts in seinem Buch Scouting for Boys: „Es hat keinen Zweck, einen oder zwei blendende Pfadfinder in der Sippe zu haben, wenn die übrigen nichts taugen. Ihr müsst darauf hinarbeiten, dass alle etwas wert sind. Der wichtigste Schritt zu diesem Ziel ist euer eigenes Beispiel, denn was ihr selbst tut, werden eure Pfadfinder tun. Zeigt ihnen, dass ihr Anordnungen gehorchen könnt, gleichgültig ob es sich um mündliche oder um schriftliche Aufträge handelt, und dass ihr sie durchführt, gleichgültig, ob euer Truppleiter anwesend ist oder nicht. Zeigt ihnen, dass ihr auch Spezialabzeichen für tüchtige Leistungen erwerben könnt, und eure Jungen werden eurem Beispiel folgen. Aber merkt euch, dass ihr sie leiten und nicht antreiben dürft.“

Ich habe mit meinen Kornetts vor den großen Ferienlagern immer mehrtägige Kornettschulungen durchgeführt. Die oben genannten Fertigkeiten haben wir eingeübt und die Kornetts mussten beweisen, dass sie zum Beispiel mit dem Kompass im Freien oder mit dem Geodreieck auf der Landkarte peilen können. Auch gehörte immer eine ganztägige Wanderung durch das Spielgebiet des Lagers zum Programm der Kornettschulungen. Dabei führte immer abwechselnd einer der (meist vier) Kornetts ein Stück des Weges. Ich griff dabei nicht ein, sonders ging nur mit der Gruppe mit. Einmal kamen wir an eine Fünferkreuzung. Nun ging es darum, welchen Weg wir zu unserem Ziel gehen mussten. Drei der fünf Wege schieden aus, das war klar. Aber welcher der beiden anderen war der richtige? Das Mädchen, das zu diesem Zeitpunkt die Führung hatte, entschied sich für den linken Weg. Natürlich fragte sie die anderen, was sie meinten. Keiner widersprach – auch ich nicht, obwohl ich wusste, dass es der falsche Weg war. Aber wenn ich eine falsche Entscheidung sofort korrigiere, lernen die Kinder nichts daraus. Und im Lager ist die Sippe auf sich gestellt. Ich bin ja bei den Wanderungen und Geländespielen im Lager nicht dabei, weil ich am Ziel oder an einem Posten unterwegs auf die Kinder warte. So folgte die Gruppe also der „Führerin“. Nach zwei bis drei Kilometern kamen wir in ein Dorf, aber es war nicht das Dorf, in das wir eigentlich wollten. Die Kornetts merkten jetzt, dass sie den falschen Weg gegangen waren. Die „Führerin“ suchte nun auf der Landkarte den kürzesten Weg zum Zielort. Auf diese Weise liefen wir ca. 4 Kilometer mehr als geplant. Und das Mädchen hatte gelernt, in Zukunft etwas genauer auf die Landkarte zu schauen. Im Sommerlager passierte ihr das kein zweites Mal.

Die Wanderung der Kornetts durch das Spielgebiet, einen Kreis von ca. 5 Kilometern um den Lagerplatz, brachte noch einen zweiten Vorteil: Die Kornetts kannten die Örtlichkeiten bereits. Somit hatten sie einen Wissensvorsprung gegenüber ihren Sippenmitgliedern. Bei einer Kornettschulung machten wir z.B. in einer ca. 3 Kilometer vom Lagerplatz entfernten Wirtschaft Rast, die „Bei Schäfers“ hieß. Im Lager erhielten die Sippen dann den Hinweis: „Bei Schäfers gibt es jede Menge Wolle. Sie enthüllt dir ein Geheimnis, wenn du sie durchdringst.“ Während die „normalen“ Lagerteilnehmer an eine Schäferei dachten (die es in unserem Spielgebiet gar nicht gab), wussten die Kornetts, dass es sich um das Lokal handeln musste. Dort lag ein großes Wollknäuel, in dem sich dann der nächste Hinweis befand. In einem anderen Lager mussten die Kinder die Ritter Georg von Eisenraiff und Martin von Hallstein suchen. Sie waren dort anzutreffen, wo ihre Wappenzeichen hängen: zwei gekreuzte weiße Pferde auf blauem Grund und vier rote Steine auf gelbem Grund. Die Kornetts wussten von unserer Wanderung während der Kornettschulung, dass es in einem 2 Kilometer entfernten Dorf eine Raiffeisenbank gab und dass dort die beiden Zeichen (Raiffeisen und Schwäbisch Hall) über dem Eingang hingen. Hier konnten die Sippen also die beiden Ritter antreffen.

Die soziale Kompetenz übten wir durch Rollenspiele ein. Bei den Kornettschulungen waren auch immer meine Leiter-Assistenten mit dabei, die in ihrer Jungpfadfinderzeit selbst Kornetts gewesen waren und die Probleme kannten, die es bei der Führung einer Sippe geben kann. Sie spielten dann irgendwelche Problemkinder (Heimwehkranke, aufsässige Jungs, zickige und streitsüchtige Mädels etc.) und die Kornetts mussten versuchen, damit fertig zu werden.

Jetzt noch ein paar Gedanken zu den von Baden-Powell erwähnten Abzeichen für tüchtige Leistungen und zum Wettbewerbs-Prinzip: Die moderne Psychologie kennt den Begriff „Zeichenverstärker“. Das sind Dinge ohne großen materiellen Wert (z.B. Stoffabzeichen oder Medaillen aus Bierfilzen, die mit farbigem Papier beklebt sind und einen Aufdruck haben wie „Verliehen für besondere Verdienste an ...“), die dadurch einen symbolischen Wert haben, dass sie für besondere Leistungen vergeben werden. In meinen ersten Jahren als Pfadfinderleiter verwendete ich solche Medaillen hauptsächlich als Gold-, Silber- und Bronze-Medaillen bei sportlichen Wettbewerben. Im Lauf der Jahre kam ich darauf, dass es nicht nur körperliche Leistungen (Wettlauf, Weitsprung, Klettern etc.) und intellektuelle Leistungen (Quiz, Denksport) gibt, sondern auch kreative und soziale Leistungen, die auch honoriert werden müssen und deshalb auch in den großen Lager-Wettbewerb eingehen sollten. Ab 1978 – inzwischen waren auch Mädchen in unseren Lagern dabei – hatten die kreativen Wettbewerbe einen nicht unerheblichen Anteil am großen Lager-Wettbewerb: So verfasste jede Sippe ein eigenes Sippenlied, das die Kinder dann – oft mit Musikinstrumenten begleitet – beim Eröffnungsfest des Lagers vorsangen; ferner spielte jede Sippe beim Eröffnungsfest ein zum Lagerthema passendes Rollenspiel. Sippenlied und Rollenspiel brachten Punkte für den Lager-Wettbewerb. Bewertet wurden außerdem die Sippenwimpel und die Lagerkleidung, die die Kinder vor dem Lager hergestellt hatten. Zur Sippen- und Einzelwertung zählten ferner die Lagerstorys, die die Kinder vor dem Lager verfasst hatten und in denen sie ihre Abenteuer als Prinz Eisenherz im Ritterlager oder als Häuptlingstochter Adlerfeder im Indianerlager schildern. Bei den abendlichen Lagerfeuerrunden gab es dann den Wettbewerb „Stegreifspiel“. Jedes Kind zog eine Karteikarte, auf der stand, was es spielen musste. Ein Bub musste z.B. einen Staubsauger-Vertreter spielen, der versuchen musste, mir einen Staubsauger zu verkaufen. Ein Mädchen musste ihrem Vater beichten, dass es in der Schule sitzengeblieben war. Die anderen Kinder gaben dann Punkte dafür, wie gut das betreffende Kind die Szene gespielt hatte.

Am schwersten zu bewerten sind natürlich die sozialen Fähigkeiten. Honoriert wurden diese meist durch Abzeichen, Ehren-Medaillen etc. Oft vergaben wir auch Sonderpunkte für soziales Verhalten (wenn z.B. ein Kind einem anderen Kind geholfen hat, statt nur auf seinen eigenen Vorteil zu schauen). Ich baute soziale Aspekte auch gern in Geländespiele ein. So las ich bei einer Morgenrunde im Goldsucherlager die Geschichte Das himmlische Mal vor, die auch in Kathy und der Zauberer vorkommt: Ein ehemals reicher Mann war im Himmel bettelarm, denn im Himmel zählt nur das Geld, das man verschenkt hat – und er hatte in seinem Leben nie etwas verschenkt. Beim Geländespiel am Nachmittag konnten die Sippen dann durch verschiedene Aufgaben Goldnuggets (mit Goldfarbe besprühte Steine) erwerben. Das Spiel endete in einem Saloon, wo der Wirt und ein paar Halunken (gespielt von Assistenten der Lagerleitung) versuchten, die Kinder zum Whiskytrinken und Pokerspielen zu verführen und ihnen so ihr Gold abzuknöpfen. Natürlich ließen sich die Kinder nicht verführen, denn sie gingen davon aus, dass die Nuggets Punkte für den Sippen-Wettbewerb bringen. Dann betrat ich in meiner Mönchskutte den Saloon und sagte, dass ich Spenden für die Ärmsten der Armen sammle. Die Sippen spendeten einen Teil ihrer Nuggets – die einen mehr, die anderen weniger. Als dann nach Spielende die Punkte vergeben wurden, erinnerte ich an die Geschichte der Morgenrunde und sagte: „Im Himmel zählt nur das Gold, das ihr verschenkt habt.“ Also gab es nur Punkte für verschenkte Nuggets. Eine Sippe, die im Spiel 20 Nuggets verdient hatte und diese dann dem Mönch schenkte, bekam 20 Punkte. Wenn die Sippe aber nur 5 Nuggets verschenkte, hatte sie weniger Punkte als eine Sippe, die zwar nur 10 Nuggets besaß, diese aber komplett verschenkte und somit 10 Punkte bekam.

Ein weiteres Beispiel stammt aus dem Lager Stammestreffen in Santa Cruz. Die Kinder waren Indianer in Mexiko und mussten sich mit den spanischen Conquistadores auseinandersetzen. Ich war der spanische Missionar Don Haraldo de la Esperanza, der die Indianer vor seinen Landsleuten beschützte. Ich sagte damals: „Die Spanier sind zwar Schurken, aber sie sind katholisch – und sie würden nie einen katholischen Priester angreifen:“ Das stimmte auch bis zum drittletzten Tag des Lagers. An diesem Tag war ich mit den Kindern unterwegs zu einer Stelle, wo sich ein weiterer Hinweis auf den Schatz der Azteken befand. Als wir aus dem Wald kamen, sahen wir in ca. 50 Meter Entfernung drei spanische Soldaten (meine Leiter-Assistenten) stehen. Ich sagte den Kindern, sie sollten am Waldrand warten, ich würde mit meinen Landsleuten sprechen, dass sie uns passieren lassen. Während ich auf die Soldaten zuging, rieb ich mir eine ordentliche Menge Theaterblut ins Gesicht.. Dann grüßte ich die Soldaten freundlich mit „Vaya con dios“, worauf mir einer der drei einen Holzprügel ins Gesicht schlug. Die Kinder sahen das und auch wie ich zu Boden sank. Sofort stürmten sie los – und die Soldaten rannten davon. Ein Teil der Kinder (hauptsächlich Buben) rannte den Soldaten hinterher, hatte aber keine Chance, sie zu erwischen, denn hinter der nächsten Kurve standen ihre Fahrräder, mit denen sie entflohen. Ein anderer Teil der Kinder (hauptsächlich Mädchen) kümmerte sich um den bewusstlos im Gras liegenden Don Haraldo, verarztete ihn, gab ihm zu trinken etc. Diese Kinder erhielten dafür Punkte, die anderen nicht, wobei ich später erwähnte, dass sie selbstverständlich auch Punkte bekommen hätten, wenn sie die Attentäter gefangen hätten. Aber da diese entkommen waren, gab’s für die Verfolger keine Punkte.

 Nun kann man natürlich sagen, dass in beiden Beispielen zumindest die cleveren Kinder ahnen konnten, dass sie für das Verschenken der Nuggets und für die Verarztung von Don Haraldo Punkte bekommen, dass sie möglicherweise also nicht wirklich sozial, sondern durchaus auch berechnend gehandelt hatten. Einmal gelang es mir aber, diese Möglichkeit auszuschalten. Wenige Tage vor dem Lager begegnete ich einem gut zwanzigjährigen jungen Mann, der viele Jahre vorher Mitglied in meinem Pfadfinderstamm gewesen war. Keiner meiner Jungpfadfinder kannte ihn. Der junge Mann fragte mich, ob wir wieder ein Sommerlager machen würden und ob er uns mal besuchen könne. So kam ich auf die folgende Idee: Die Kinder mussten im Rahmen eines Geländespiels auf einem bestimmten Weg durch den Wald laufen. Damit nicht alle Sippen gemeinsam losgehen, setzte ich an den Beginn jedes Geländespiels immer eine Denkaufgabe (Landkartenpeilung, Geheimschrift etc.). Wenn eine Sippe die Aufgabe gelöst hatte, wusste sie, wohin sie gehen musste, und durfte starten. Die nächste Sippe folgte dann meist 5 bis 10 Minuten später. Die erste Sippe kam nun an eine Wegkreuzung im Wald, wo der (den Kindern völlig unbekannte) junge Mann verzweifelt neben seinem Auto stand. Er erzählte den Kindern, er habe eine Panne und der Motor springe nicht mehr an. Er könne das Auto nur dadurch wieder in Gang bringen, dass die Kinder es anschieben. Die Wahrscheinlichkeit, dass hier im Wald ein anderer Autofahrer vorbeikäme, der ihn abschleppen könne, sei äußerst gering. Er sei also auf die Hilfe der Kinder angewiesen. Nun kam es darauf an, ob die erste Sippe sich die Zeit nahm, das Auto anzuschieben, und dabei riskierte, von der zweiten Sippe eingeholt zu werden, oder ob sie ohne zu helfen weiterlief, um vor den anderen am Ziel zu sein. Dasselbe galt für die zweite Sippe, die von der dritten Sippe eingeholt werden konnte. Die Sippen, die dem Autofahrer halfen, erhielten dann von ihn einen wichtigen Hinweis, den die anderen Sippen erst am Ziel ihrer Wegstrecke fanden. Auf diese Weise hatten die Sippen, die durch das Anschieben des Autos Zeit „verloren“ hatten, plötzlich einen Vorteil, der ihnen half, das Spiel zu gewinnen.



(leicht gekürzte Fassung des Vortrags von Harry beim Kirchentag in Bremen am 23. Mai 2009) 

      

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